Solarenergie gilt als emissionsfrei, die wahre Lösung für den Wunsch nach einer kohlenstofffreien Energieversorgung. Dies lenkt den Fokus der Aufmerksamkeit auf das „aktive“ Leben der PV-Stromerzeugung, die scheinbar „kostenlose“ Energie, ohne Kosten und frei von , produziert.
Dieser Fokus ändert sich, wenn man tatsächlich plant, eine photovoltaische Versorgung z.B. für ein Privathaus zu installieren. Dies erfordert eine ganze Reihe von kostspieligen Komponenten:
- Die Solarpaneele und (dicke Hochstrom-)Kabel
- das Wechselrichtermodul,
- Backup-Batterien, um zumindest die Tag/Nacht-Schwankungen zu überbrücken
Insbesondere die Solarmodule und Li-Ionen-Batterien benötigen zur Herstellung viel Energie und andere kritische Ressourcen. Da sie aufgrund der geringen solaren Energiedichte, des niedrigen Wirkungsgrades der Photovoltaik und der Unbeständigkeit des Sonnenlichts in großer Menge benötigt werden, müssen für eine vollständige Berechnung des Energiehaushalts und der CO2-Bilanz die Beiträge für deren Herstellung berücksichtigt werden.
Häufig werden Effizienzberechnungen und Energiebilanzen erstellt, die das Vorhandensein einer auf fossilen Brennstoffen beruhenden Infrastruktur voraussetzen. Dies ist z.B. die implizite Voraussetzung der deutschen „Energiewende“ mit ihrem Einspeise-Konzept. Die Probleme der Volatilität solarer Energieerzeugung werden hauptsächlich auf die sorgfältig abgestufte Regelungstechnik konventionellen Kraftwerke abgewälzt, um diese dann für die „Verstopfung der Netze“ verantwortlich zu machen. Wir untersuchen hier den vollständigen Kohlendioxid-Fußabdruck eines Systems, das nicht von fossilen Brennstoffen abhängig ist.
Im Jahr 2013 hat Mariska de Wild-Scholten in der Veröffentlichung „Energy payback time and carbon footprint of commercial photovoltaic systems“ den Kohlendioxid-Fußabdruck der Produktion von Solar-Paneelen untersucht. Diese wird als Ausgangspunkt für die vorliegende Analyse verwendet. Diese Arbeit erscheint mir zuverlässiger als die offiziellen Verlautbarungen des Deutschen Umweltbundesamtes, wonach die effektive -Emission bei solar erzeugter Energie bei nur 67 g/kWh liege.
Die Annahmen ihrer Berechnungen erscheinen fair und realistisch. Zwei davon möchte ich genauer betrachten:
- Energieertrag wird mit 1275 kWh/a pro installierter Modulleistung angenommen,
- Lebensdauer wird mit 30 Jahren angenommen
Nimmt man den real erbrachten Energieertrag in Deutschland, basierend auf der offiziellen Statistik des Fraunhofer-Instituts, so beträgt die gesamte produzierte volatile Energie 2020 aus installierten Solarmodulen , was einer durchschnittlichen realen Leistung von
für jedes installierte Modul entspricht. Vereinfacht gesagt von 1 kW installierter Leistung bekommt man im Durchschnitt 106 W heraus, das sind 2,5 kWh am Tag oder 926 kWh im Jahr. In de Wild-Scholten’s Publikation wird explizt angenommen, dass die Berechnungen für modellierte Bedingungen in Südeuropa gültig sind, also ist es keine absichtliche Übertreibung, aber ihre Zahlen entsprechen nicht den in Deutschland tatsächlich gemessenen Werten.
Die Annahme einer Lebensdauer von 30 Jahren ist ebenfalls sehr optimistisch. Wenn man berücksichtigt, dass es zu Schäden an den Modulen durch Gewitter, Hagelschlag oder Defekte in den Solarzellen kommen kann, ist es realistischer, die garantierte Produktlebensdauer von typischerweise 25 Jahre anzunehmen.
Die meisten der aktuell in Deutschland installierten PV-Module werden in China produziert, so dass hinsichtlich der -Emissionen die Basiszahl für den Fußabdruck
beträgt. Unter Berücksichtigung der realen Solarenergielieferung und der realistischeren, versicherungstechnisch garantierten Lebenserwartung von 25 Jahren beträgt der reale PV Kohlendioxid Fußabdruck für Mitteleuropa, repräsentiert durch die Statistik von Deutschland
,
also etwa doppelt so viel wie die „schöngerechnete“ Zahl des Deutschen Umweltbundesamtes.
Weiterhin muss in der Bilanz noch die nicht genutze Energie berücksichtigt werden. Dies hängt von vielen Bedingungen ab, v.a. von der verwendeten Speichergröße. Ohne Speicherung oder Einspeisung kann davon ausgegangen werden, dass im Schnitt nicht mehr als die Hälfte des gelieferten Stromes genutzt wird, was den Fußabdruck effektiv verdoppelt.
Betrachtung mit Kurzzeitspeicherung
Durch den volatilen Charakter der Solarenergie ist die durchschnittliche Energiemenge eine unvollständige Sichtweise, wenn das Ziel eine Energieerzeugung ohne fossile Brennstoffe ist. Die erste Art der Volatilität ist der Tag/Nacht-Zyklus und kurzfristige Wetterschwankungen. Diese Art der Volatilität kann mit einem Batteriespeicher für 1-7 Tage abgedeckt werden. Ein einigermaßen sicherer Wert ist ein Speicher, der einem Energieverbrauch von 3,5 Tagen entspricht, was ca. 7 Tage abdeckt, wenn man annimmt, dass die Hälfte des Verbrauchs während der – solaraktiven – Tageszeit stattfindet. Mit diesem Szenario stehen die Chancen gut, fast die gesamte Zeitspanne von März bis Oktober abzudecken. Das ist mehr Batterie-Kapazität, als derzeit in Deutschland typischerweise gekauft oder gefördert wird, aber die politische Förderung von Speichern steht erst am Anfang. Die in USA häufigeren vollständig autarken „Insel“-Anlagen haben eher noch größere Speicher. Daher kann als Faustregel eine Batteriekapazität von 1% des jährlichen Durchschnitt-Energieertrages angenommen werden, um mit Ausnahme der 3-4 Wintermonate den größten Teil der benötigten Energie bereitzustellen. Dies wird durch praktische Erfahrungen belegt. Für jedes installierte Modul mit 1 beträgt die erforderliche Kapazität C
Der Kohlenstoff-Fußabdruck für die Herstellung von Li-Ionen-Batterien beträgt ca. 75 kg pro kWh Speicherkapazität und die garantierte Lebensdauer beträgt 10 Jahre, obwohl es – nicht garantierte – Angaben von 20 Jahren Lebensdauer gibt. Um konservativ zu schätzen, gehen wir von 10 Jahren Lebensdauer aus, zumal die Kapazität nicht zu 100% genutzt werden kann. Will man die Lebensdauer verlängern, muß man große Kapazitätseinbußen (30-50%) in Kauf nehmen. Die Berechnungen können bei künftigen neuen Akku-Entwicklungen ggf. für 15 oder 20 Jahre angepasst werden. Daher wird der Fußabdruck für die Speicherung pro installiertem 1 Modul auf die Gesamtenergieproduktion von 10 Jahren verteilt:
Bei dieser Berechnung wurde davon ausgegangen, dass man die in der Batterie gespeicherte Leistung zu 100% wieder herausbekommt. Das ist aber nicht der Fall. Die Batteriehersteller geben zwar einen Wert von über 90% an. Dieser gilt aber nur für neue Batterien im Kurzzeitbetrieb. Bei mehrtägiger Speicherung müssen die Leckströme mit in Betracht gezogen werden und nach vielen Lade-Entlade-Zyklen sinkt die Lade-Kapazität. Eine Langzeitstudie in Californien ergab eine langjährigen Mittelwert von nur 60% wiedergewinnbarer batteriegespeicherter Energie (RTE = „round trip efficiency“). Demnach ist der über mehrere Jahre ermittelte Fußabdruck der Li-Ionen Akkus
Die Standard-Solar-installation für Privathaushalte, die im Wesentlichen die Stromversorgung über 8 Monate von März bis Oktober abdeckt, bedeutet demnach einen mittleren Kohlendioxidausstoß von , ziemlich viel für eine als „-frei propagierte Technologie.
Langzeitspeicherung – über den Winter
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Einfluss der saisonalen Schwankungen abzuschätzen, d.h. dass im Winter kaum nutzbare Sonneneinstrahlung vorhanden ist, während im Sommer ein Peak auftritt. Unter der Annahme, dass die jährliche Gesamtsolarenergieerzeugung dem jährlichen Gesamtverbrauch entspricht, ist es offensichtlich, dass die saisonale Volatilität, die zum Defizit im Winter führt, einen Überschuss in den Sommermonaten bedeutet.
Nach der Analyse von Prof. Hans-Werner Sinn ist das Hauptproblem der Speicherung nicht die Kurzzeitspeicherung, sondern die Langzeitspeicherung. Löst man das Problem allein mit Solarenergie, müssen wir mindestens 3 Monate zusätzlich speichern, da zwischen Mitte November und Mitte Februar kaum Solarenergie vorhanden ist. Es besteht Einigkeit darüber, dass die saisonale Speicherung mit Li-Ionen-Batterien nicht möglich ist, weder preislich noch aus Sicht der CO2-Bilanz.
Lokale langfristige Lösung – nur mit Solarenergie
Der derzeit favorisierte Ansatz zur Langzeitspeicherung ist das sogenannte Power-to-Gas-Konzept: Die überschüssige elektrische Energie im Sommer wird durch Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt. Da Wasserstoff schwierig zu speichern und zu handhaben ist, wird angenommen, dass er zu Methan weiterverarbeitet wird (für die Alternativen Ammoniak oder Methanol gelten ähnliche Überlegungen, ein reines Wasserstoff-Konzept wird hier mit etwas anderem Fokus durchgerechnet) Dieses ist im wesentlichen identisch mit Erdgas und kann leicht gespeichert werden (z.B. in flüssiger Form als LNG) und in einem Gaskraftwerk wieder zu elektrischem Strom umgewandelt werden. Dies kann auf der lokalen Ebene der Gemeinde, der Stadt oder des Landkreises geschehen, wo sowohl der Elektrolyseur als auch die Gaskraftwerke betrieben werden. Damit können u.U. teure Überland-Leitungen eingespart werden.
Das Problem dieses Konzepts ist, dass der effektive Wirkungsgrad der Speicherung nur 25% beträgt. Um 1 kWh in einem Wintermonat zu erhalten, muss man während des restlichen Jahres 4 kWh investieren. Betrachtet man also die Wintermonate, dann sind diese beim solaren Power-to-Gas (P2G) Verfahren mit dem 4-fachen Kohlendioxid-Fußabdruck belastet, also . Das ist in etwa derselbe Wert wie der eines normalen Gaskraftwerks (436-549 , siehe auch hier ) . Demnach ist es für die Bilanz unerheblich, ob der im Winter notwendige Strom aus fossilem Erdgas oder über solar-betriebenes Power-to-Gas Verfahren erzeugt wird. Der Preis des mit Power-to-Gas erzeugten Methans ist allerdings etwa der 10 fache des fossilen Erdgases.
Wenn es gelingt, Wasserstoff ohne extrem hohen Druck oder extreme Kälte direkt zu speichern, dann läßt sich der Wirkungsgrad der Speicherung auf 50% erhöhen, mit der Folge eines -Fußabdrucks von mindestens 264 .
Die Speicherung des Wasserstoffs in flüssiger Form benötigt für die Verflüssigung von Wasserstoff etwa 4,94 kWh/kg – bei einem Heizwert/Brennwert von 33/39 kWh/kg – geht also etwa 1/7 der nutzbaren Energie verloren, mit der Folge eines -Fußabdrucks von
Langfristige Lösung im großen Maßstab – einschließlich Windenergie
In seiner Analyse hat Prof. Sinn berücksichtigt, dass nicht nur die Solarenergie, sondern auch die Windenergie „regenerativ“ ist, und dass die Verfügbarkeit von Wind teilweise komplementär zur Solarenergie ist. Das Ergebnis seiner Berechnungen war, dass der gesamte Speicherbedarf zur Glättung der saisonalen Volatilität (im Wesentlichen das Problem des Winters) 11 TWh betragen würde, basierend auf dem gesamten Stromverbrauch im Jahr 2014 von 163 TWh, was etwa 6,7 % des gesamten Stromverbrauchs entspricht. Aufgrund der jährlichen Schwankungen sind mit einer Sicherheitsreserve mindestens 7 bis 7,5 % Speicherkapazität erforderlich, sofern man auf einer 100%igen Versorgung ohne fossile Brennstoffe besteht. Gleichzeitig muss das Speichersystem in der Lage sein, sehr hohe Leistungen, im Extremfall einer Dunkelflaute die komplette Netzleistung abzugeben.
Das würde einen minimalen langfristigen Energiekostenfaktor für einen saisonalen Power-to-Gas-Speicher von
bedeuten und einen gesamten Kohlenstoff-Fußabdruck von
Der Kohlenstoff-Fußabdruck der Windenergie-Erzeugung wird hier nicht explizit behandelt, d.h. es wird implizit angenommen, dass er etwa derselbe ist wie bei der Solar-PV-Erzeugung. Für die ursprüngliche Fragestellung der privaten Haushaltsstromversorgung spielt sie eine untergeordnete Rolle, sie ist nur als regenerativer Netz-Teilanbieter im Winter relevant.
Jedenfalls ist der Fußabdruck von der langfristig angestrebten 0 weit entfernt.
Konsequenzen für Elektrofahrzeuge
Nach dem derzeitigen politischen Verständnis in der EU gelten Elektrofahrzeuge per Definition als klimaneutral. Es gibt jedoch ernste Diskussionen über den wahren Kohlenstoff-Fußabdruck von E-Fahrzeugen im Vergleich zu z.B. Dieselautos, die aus einer Studie von Prof. Hans-Werner Sinn et al. hervorgehen. Ihre Analyse, die besagt, dass der Kohlenstoff-Fußabdruck höher ist als der eines vergleichbaren Dieselautos, basiert auf dem aktuellen Strommix des deutschen Netzes. Basierend auf ihren Quellen beträgt der Kohlendioxid Fußabdruck einer 75 kWh Autobatterie mindestens 73 , möglicherweise bis zu 98 .
Wenn ein aktives Treibhausgas ist, kümmert es sich nicht um ein politisches Tabu.
Der Verbrauch wird realistischerweise mit 15 kWh pro 100 km angesetzt. Daher ist der Kohlenstoff-Fußabdruck des batterie- und solargestützten Verbrauchs (dies vernachlässigt den Kohlendioxid-Fußabdruck zum Bau des Autos) optimal
Dies liegt deutlich über dem EU-Grenzwert für 2020 von 95 und mehr als 50 % über dem Grenzwert für 2025 von 70 .
Warum wird in der Politik und bei den Behörden mit zweierlei Maß gemessen? Für die Natur ist es unerheblich, auf welchem Wege das in die Atmosphäre gelangt. Politisch ist es ehrlicher, mit einem Benzin- oder Diesel-Fahrzeug das in den eigenen Luftraum zu lassen, als durch -Kolonialismus die eigene Luft vermeintlich „sauber“ zu halten, aber durch die Produktion der notwendigen Komponenten den Ausstoß nach China oder anderen „Billigländern“ zu verlagern.
Sehr geehrter Herr Dengler,
ich bin heute über den Kontrafunk auf Sie aufmerksam geworden. Ihre Internetseite ist sehr interessant. Ich schätze es, wenn Menschen rechnen können und wollen.
Herzlichen Dank für ihre Arbeit
Mit freundlichen Grüßen
Moritz Bayer