Leserzuschrift zu Spektrum.de, Kommentar von Stefan Rahmstorf: Das Klima-Manifest der WerteUnion

Als promovierter und habilitierter Physiker war ich viele Jahre lang treuer Abonnent von Spektrum der Wissenschaft. Es diente mir nicht nur dazu, mich in den Themen außerhalb meines eigenen Fachgebiets auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu halten, sondern auch als Anregung für eigene Vorlesungen an der Heidelberger Universität.

Was ich allerdings mit diesem Artikel von Ihnen und dem Autor Stefan Rahmstorf zugemutet bekomme, ist einer Zeitschrift mit wissenschaftlichem Anspruch unwürdig, es ist allerniedrigstes Propagandaniveau und voller einseitiger und falscher Informationen.

Redaktionelle Einleitung

Der Artikel fängt mit der redaktionellen Einleitung an, die bereits das Urteil „krasser Unsinn“ über die Werteunion und „Klimaskeptiker“ gefällt hat, ohne auf ein einziges deren Argumente einzugehen. Wenigstens in der Einleitung hätten Sie sich das „Mäntelchen der Seriosität“ durch eine einigermaßen „neutrale“ Formulierung umhängen können. Aber offensichtlich glauben Sie irrtümlich, Sie hätten bereits den Kampf um die Deutungshoheit in der Klimadiskussion so haushoch gewonnen, dass eine sachliche Auseinandersetzung durch Diffamierung eines vermeintlichen „Gegners“ ersetzt werden kann. Sie sollten es eigentlich seit dem Prozess gegen Galilei besser wissen, dass man wissenschaftliche Auseinandersetzungen nicht durch Angriffe gegen Personen oder Personengruppen gewinnen kann, auch wenn man glaubt, sich in der mächtigeren Position zu befinden.
Bevor Sie das Argument ins Feld führen, die Werte-Union hätte im Klima-Manifest ebenfalls unsachlich argumentiert (z.B. durch die Formulierung „Müll-Wissenschaft“), möchte ich Sie daran erinnern, daß die Werte-Union eine politische Partei ist, wo pointierte Ausdrucksweisen und bisweilen unsachliche Übertreibungen in gewissen Grenzen normal sind, Sie aber als wissenschaftliche Zeitschrift einem anderen Niveau verpflichtet sind, wenn man Sie ernst nehmen soll.

Zum Autor

Der Autor, Prof. Rahmstorf, fällt seit längerem und nicht nur in diesem Artikel durch ausgesprochene Einseitigkeit, Überheblichkeit und Arroganz auf. Dabei hätte er allen Grund, mit voreiligen Aussagen zum Klimawandel vorsichtig zu sein. Einer seiner eigenen Versuche, den Klima-Alarmismus durch „dramatischen Meeresspiegelanstieg“ anzuheizen, ist gescheitert, weil er nach Aussagen der Gutachter voreingenommen war und „manuelles Tuning“ (=Manipulation) der Parameter vorgenommen hat, und sein Artikel wurde final abgelehnt. Welche Absicht steht hinter Ihrer Entscheidung, ausgerechnet einen solchen einseitigen notorischen „Scharfmacher“ für einen Artikel zu einem so politisch aufgeladenen Thema zu wählen?

Zum Inhalt

Inhaltlich fällt auf, dass bereits die Referenz zum Gegenstand der Diskussion, dem Klima-Manifest unseriös ist, Rahmstorf verwendet einen Archiv-Link zu einem manipulierten Dokument, das dem unvoreingenommenen Leser zum einen fälschlicherweise suggeriert, dass es das ursprüngliche Dokument gar nicht mehr gibt, und in dem darüber hinaus die Links manipuliert sind (z.B. wird statt zum vorgesehenen (aber offensichtlich von Rahmstorf unerwünschten) Vortrag des Nobelpreisträgers Ivar Giaever zu verweisen, wird in der archivierten Version zur von Rahmstorf propagierten Mainauer Deklaration verwiesen. Das ist wissenschaftlicher Betrug.

Inhaltlich bietet Prof. Rahmstorf ansonsten auf der 1. Seite nur unsachliche Polemik, die versucht, berechtigte Anliegen wie die bereits beginnende Deindustrialisierung ins Lächerliche zu ziehen.

Was die Alarmismus-Prognosen des letzten halben Jahrhunderts betrifft, so sehe ich vor allem, dass alle grandios daneben lagen. Wer mir erklären will, dass wir in der Zukunft Klima-bedingte Probleme haben werden, soll mir erstmal erklären, warum die bisherigen Horrorprognosen so grottenfalsch waren.

Dass Herr Rahmstorf Grönland, die Arktis und Antarktis ins Feld führt, ist zu erwarten und wäre wohl einer ernsthaften Diskussion würdig, aber von abschmelzen zu reden erscheint vor dem Hintergrund der Gesamtentwicklung sowohl des Pol-Eises als auch der Gletscher weltweit voreilig, im Falle der Antarktis, wo sich der Verlauf des Meereises der letzten 5 Jahre symmetrisch um den Mittelwert bewegt, sogar absurd.

Das einzige andeutungsweise sachlich angegangene Thema ist die Frage des Einflusses der Sonnenaktivität auf Wetter und Klima. Die erwähnte Studie von Launig über den Einfluss der Sonnenaktivität greift zu kurz, weil sie die eigentlich wirksamen Zusammenhänge nicht berücksichtigt. Ein Leserbrief ist allerdings nicht das Forum, um dieses Thema einschließlich der erwarteten Abkühlung würdig zu behandeln.

Dass die NASA Temperaturdaten manipuliert hat, ist inzwischen vielfältig belegt, (beispielhaft hier, S. 9) war auch ein Kernthema des „Climategate“ Skandals. (hier Details mit Zitaten sowie Video)

Dass die Naturkatastrophen zunehmen, kann sich auch nicht auf Tatsachen stützen. Nachweislich hat die Zahl der Opfer von Naturkatastrophen im Laufe der letzten 100 Jahre dramatisch abgenommen. Auch die weltweiten wirtschaftlichen, BSP bezogenen Verluste aufgrund von Wetterereignissen haben abgenommen. Hinsichtlich Flutkatastrophen kommt auch der IPCC-Report zum Schluss, dass es keinen erkennbaren [anthropogenen] Zusammenhang zu Flutereignissen gibt.
Die vielzitierten Australischen Buschbrände müssen entmythologisiert werden, 2019/2020 waren bei weitem nicht die schlimmsten Buschbrände der letzten 100 Jahre. (Quelle: Wikipedia) Und die Anzahl der heißen Tage in Australien hat im Laufe der letzten 100 Jahre auch nicht zugenommen, wenn man die unveränderten Temperatur-Rohdaten zugrunde legt.

Dass es eine Erwärmung der Erde während der letzten 30 Jahre gegeben hat und dass möglicherweise ein Teil dieser Erwärmung auf CO2 zurückzuführen ist, bestreitet das Klima-Manifest nicht. Wohl aber dass die künftig zu erwartende Erwärmung katastrophale Ausmaße haben soll – es wird berechtigt darauf hingewiesen, dass die prognostizierten Erwärmungen alle in Modellen stattfinden, die bereits jetzt zu stark überhöhten Prognosen führen.

Der IPCC ist eine politisch motivierte Organisation, die der Wissenschaft politische Vorgaben macht. Dies wird von deren führenden Vertretern auch nicht bestritten. Es gibt eine stattliche Zahl namhafter Wissenschaftler, die als IPCC Experten tätig sind oder waren, die sich deutlich von den politischen Empfehlungen des IPCC distanzieren. So zu tun, als gäbe es diese qualifizierten abweichenden Erkenntnisse nicht, oder diese pauschal abzuwerten und zu diskreditieren, ist unredlich und langfristig für unser Land sehr destruktiv.

Ich möchte Sie dringend dazu auffordern, sich von der ideologischen Engführung zu befreien und wieder zu dem aus früheren Jahren gewohnten wissenschaftlichen Niveau zurückzufinden.




Albedoänderungen und Klimasensitivität


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Die Klimadiskussion wird überwiegend von der Diskussion um den Einfluss von $CO_2$ dominiert, das nach den Strahlungstransportgleichungen, die die ausgehende Infrarotstrahlung (OLR = „outgoing longwave radiation“) beschreiben, einen gewissen Einfluss auf den Strahlungshaushalt der Erde hat.
Es gibt jedoch noch weitere Faktoren, die berücksichtigt werden müssen. Der einfallende Energiefluss, die kurzwellige Lichteinstrahlung, ist offensichtlich von entscheidender Bedeutung . Die tatsächliche Menge des von der Sonne kommenden Energieflusses, die „Sonnenkonstante“, hat sich als extrem konstant erwiesen, aber die globale Albedo, die darüber entscheidet, wie viel Sonnenfluss in die Atmosphäre eintritt bzw. in den Weltraum reflektiert wird, ist ein extrem wichtiger Kontrollparameter.

Das Dilemma der Albedo der Erde war, dass es keine „nette Theorie“ gibt, wie man sie aus einer einfachen (möglicherweise vom Menschen verursachten) Ursache bestimmen kann. Im Gegenteil, sie beinhaltet viele derzeit schlecht verstandene Faktoren, von denen einige unter menschlicher Kontrolle sind, andere aber nicht:

  • Wolken unterschiedlicher Art in verschiedenen Höhen,
  • reflektierende und streuende Aerosole,
  • Einflüsse auf die Wolkenerzeugung, wie kosmische Strahlung und Magnetfelder,
  • Oberflächen- und atmosphärische Eigenschaften als Folge von Schneebedeckung, Verstädterung, Landwirtschaft, Luftverschmutzung usw.,
  • mögliche Rückkopplungseffekte der Temperatur über Wasserdampf.

Mangels einer umfassenden Theorie wurde der Einfluss der Erdalbedo lange Zeit in der Mainstream-Klimadiskussion vernachlässigt oder ignoriert.
Aber es gibt einen anderen Ansatz. Satellitenmessungen haben es möglich gemacht, die Albedo zu messen und daher den direkten Einfluss der Albedo auf die von der Erde absorbierte Sonneneinstrahlung zu messen . Kürzlich wurde von J. Herman et al. eine Analyse über 30 Jahre veröffentlicht: Nettoabnahme des Reflexionsvermögens der Wolken, der Aerosole und der Erdoberfläche bei 340 nm Wellenlänge.

Diese sorgfältige Analyse zeigt einen klaren, signifikanten Trend für die gesamte Reflexivität, die 75% der gesamten Sonneneinstrahlung auf der Erde ausmacht (Breitengrad -60…60 Grad, die Pole haben weniger Gewicht aufgrund kleinerer Gesamt-Einstrahlung und größerer Albedo in Polnähe):

Gemessene Erdreflexivität von 1980 bis 2010

Die geänderte Reflektivität wurde in Änderungen des einfallenden bzw. reflektierten Licht-Energieflusses umgesetzt:

Energiebudget des eingehenden Licht-Flusses, mit Änderungen aufgrund der Albedo-Abnahme

Das bedeutet, dass der solare Einstrahlungs-Energiefluss in den 30 Jahren von 1980 bis 2010 um $2,33\frac{W}{m^2}$ gestiegen ist. Diese albedo-bedingte Zunahme innerhalb von 30 Jahren ist größer als der geschätzte Strahlungs-Antrieb durch den Anstieg von $CO_2$ seit Beginn der Industrialisierung.

Basierend auf der Energiebilanz zwischen einfallender Lichststrahlung $S_a=S\cdot(1-a)$ und ausgehender Infrarot-Strahlung mittels des Stefan-Boltzmann-Gesetzes

$T=\sqrt[4]{\frac{S\cdot(1-a)}{4\cdot\sigma}}} $

ergibt sich die Temperatur-Sensitivität gegenüber Einstrahlungsänderungen (ohne Berücksichtigung von möglichen Rückkopplungen) – durch Bildung der ersten Ableitung $\frac{dT}{dS_a}$ und linearer Approximation des Stefan-Boltzmann-Gesetzes:

$\frac{\Delta T}{T} = 0,25\cdot\frac{\Delta S_a}{S_a} $

$\Delta T_{Albedo} = 0,25\cdot \frac{2,33\cdot 288}{161,3+78} K = 0,7 K $

Im gleichen Zeitraum von 30 Jahren beträgt die geschätzte Abnahme des Infrarot-Energieflusses in den Weltraum aufgrund von $CO_2$ $0,6 \frac{W}{m^2}$, was zu einer Temperatursensitivität von

$ \Delta T_{CO_2} = 0,25\cdot \frac{0,6\cdot 288}{161,3+78} K = 0,18 K $

führt. Beide „Antriebe“ sorgen für Erwärmung der Atmosphäre.
Es gibt 2 wichtige und einfache Konsequenzen aus dieser Übersicht und den Berechnungen:

  • Der Einfluss von $CO_2$ macht 20% der Temperaturänderung der letzten 30 Jahre aus, während die Änderung der Wolkenreflexivität 80% der Temperaturänderung bewirkt.
  • Beide Kräfte zusammen hätten demnach zusammen eine durchschnittliche Erwärmung von 0,88 K erzeugt. Die tatsächliche Änderung der globalen Temperatur ist viel geringer, je nach der Institution, die die Temperatur misst, beträgt sie 0,3..0,5 K, was etwa die Hälfte der theoretischen Gleichgewichtstemperatur nach den obigen Überlegungen ist. Daher muss es eine ziemlich starke negative Rückkoppelung geben, die den Effekt des zusätzlichen Licht-Energieflusses (von der abnehmenden Wolkenreflextion) sowie des verminderten Infrarot-Energieflusses (von $CO_2$) um ca. 50% reduziert.
Globale durchschnittliche Satellitentemperaturen (UAH)
Globale durchschnittliche Oberflächentemperatur (HadCRUT4)

Für die $CO_2$-Sensitivität (Temperaturänderung bei Verdoppelung von $CO_2$) bedeutet diese negative Rückkopplung, dass wir bei einer Erhöhung der $CO_2$-Konzentration auf 600 ppm eine Temperaturänderung von weniger als 0,5 Grad K im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten erwarten können. Diese Schlussfolgerung wird unter der Annahme gezogen, dass Albedo-Veränderungen unabhängig von $CO_2$-Änderungen sind.

Natürlich stellt sich die Frage, was den Rückgang der Albedo verursacht hat. Darauf gibt es derzeit keine klare Antwort. Die Grösse des Effekts schließt die Möglichkeit aus, dass er mit der globalen $CO_2$-Konzentration zusammenhängt. Gegenwärtig ist es wahrscheinlicher, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Einfluss von Aerosolen, Sonnenaktivität und kosmischer Strahlung auf die Wolkenbildung gibt.

Die Ursachen  der verminderten Wolkenbildung können in der Tat zu einem Teil menschengemacht sein, denn der grundlegende Mechanismus der Wärmeregulation durch Verdunstung durch Pflanzen und der daraus entstehenden Wolken ist abhängig von der Art und Weise, wie Menschen Landwirtschaft betreiben und die Naturlandschaft behandeln (siehe auch dieses Video). Aber auch Eingriffe wie großflächige Windkraftanlagen führen nachweislich zu mehr Trockenheit und daher verringerter Wolkenbildung.

Die wichtigsten menschengemachten Risikofaktoren sind

Für die These, dass der Klimawandel diese Ursachen hat, findet sich z.B. ein Beleg in der TAZ: https://taz.de/Wasser-und-Klimaschutz/!5774434/.




Unangenehme Tatsachen bei den Australischen Buschfeuern

Der renommierte amerikanische Wissenschaftler Roger Pielke hat in einem sehr differenzierten Beitrag zu den australischen Buschfeuern zu Beginn des Jahres 2020 Stellung genommen:
Wir leben in einer Zeit, in der jedes extreme Wetter oder klimabedingte Ereignis unmittelbar mit dem vom Menschen verursachten Klimawandel in Verbindung gebracht wird. Bei solchen Assoziationen geht es oft nicht wirklich um die Wissenschaft des Klimas, sondern eher um ein Symbol, das im politischen Kampf um den Klimawandel mahnt.
Nach den Aussagen der Australischen Akademie der Wissenschaften sind die Zusammenhänge allerdings viel komplizierter:

„Buschfeuer stellen, zusammen mit anderen Herausforderungen in Bezug auf Wetter und Klima, komplexe und weitreichende Probleme dar. Bevölkerungswachstum, Klimawandel, Temperaturextreme, Dürren, Stürme, Wind und Überschwemmungen überschneiden sich in einer Weise, die nur schwer zu entwirren und zu bewältigen ist.“ Und anstatt den Wechsel einzelner Politiker zu fordern, fordert die Akademie eine verbesserte Politik: Alles, einschließlich der Stadtplanung, der Baunormen, der Wiederherstellung von Lebensräumen, der Erhaltung der biologischen Vielfalt und der Artenvielfalt sowie des Land-, Wasser- und Wildtiermanagements wird sorgfältige und maßvolle Überlegungen erfordern.

Während in anderen Gegenden der Welt wie z.B. im Amazonasgebiet, im Mittelmeerraum, Skandinavien und Nordamerika eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen Zusammenhang zwischen Feuern und Klimaänderung besteht, kann nach einer Studie in Australien kein solcher Zusammenhang gefunden werden.