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Albedoänderungen und Klimasensitivität


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Die Klimadiskussion wird überwiegend von der Diskussion um den Einfluss von $CO_2$ dominiert, das nach den Strahlungstransportgleichungen, die die ausgehende Infrarotstrahlung (OLR = „outgoing longwave radiation“) beschreiben, einen gewissen Einfluss auf den Strahlungshaushalt der Erde hat.
Es gibt jedoch noch weitere Faktoren, die berücksichtigt werden müssen. Der einfallende Energiefluss, die kurzwellige Lichteinstrahlung, ist offensichtlich von entscheidender Bedeutung . Die tatsächliche Menge des von der Sonne kommenden Energieflusses, die „Sonnenkonstante“, hat sich als extrem konstant erwiesen, aber die globale Albedo, die darüber entscheidet, wie viel Sonnenfluss in die Atmosphäre eintritt bzw. in den Weltraum reflektiert wird, ist ein extrem wichtiger Kontrollparameter.

Das Dilemma der Albedo der Erde war, dass es keine „nette Theorie“ gibt, wie man sie aus einer einfachen (möglicherweise vom Menschen verursachten) Ursache bestimmen kann. Im Gegenteil, sie beinhaltet viele derzeit schlecht verstandene Faktoren, von denen einige unter menschlicher Kontrolle sind, andere aber nicht:

  • Wolken unterschiedlicher Art in verschiedenen Höhen,
  • reflektierende und streuende Aerosole,
  • Einflüsse auf die Wolkenerzeugung, wie kosmische Strahlung und Magnetfelder,
  • Oberflächen- und atmosphärische Eigenschaften als Folge von Schneebedeckung, Verstädterung, Landwirtschaft, Luftverschmutzung usw.,
  • mögliche Rückkopplungseffekte der Temperatur über Wasserdampf.

Mangels einer umfassenden Theorie wurde der Einfluss der Erdalbedo lange Zeit in der Mainstream-Klimadiskussion vernachlässigt oder ignoriert.
Aber es gibt einen anderen Ansatz. Satellitenmessungen haben es möglich gemacht, die Albedo zu messen und daher den direkten Einfluss der Albedo auf die von der Erde absorbierte Sonneneinstrahlung zu messen . Kürzlich wurde von J. Herman et al. eine Analyse über 30 Jahre veröffentlicht: Nettoabnahme des Reflexionsvermögens der Wolken, der Aerosole und der Erdoberfläche bei 340 nm Wellenlänge.

Diese sorgfältige Analyse zeigt einen klaren, signifikanten Trend für die gesamte Reflexivität, die 75% der gesamten Sonneneinstrahlung auf der Erde ausmacht (Breitengrad -60…60 Grad, die Pole haben weniger Gewicht aufgrund kleinerer Gesamt-Einstrahlung und größerer Albedo in Polnähe):

Gemessene Erdreflexivität von 1980 bis 2010

Die geänderte Reflektivität wurde in Änderungen des einfallenden bzw. reflektierten Licht-Energieflusses umgesetzt:

Energiebudget des eingehenden Licht-Flusses, mit Änderungen aufgrund der Albedo-Abnahme

Das bedeutet, dass der solare Einstrahlungs-Energiefluss in den 30 Jahren von 1980 bis 2010 um $2,33\frac{W}{m^2}$ gestiegen ist. Diese albedo-bedingte Zunahme innerhalb von 30 Jahren ist größer als der geschätzte Strahlungs-Antrieb durch den Anstieg von $CO_2$ seit Beginn der Industrialisierung.

Basierend auf der Energiebilanz zwischen einfallender Lichststrahlung $S_a=S\cdot(1-a)$ und ausgehender Infrarot-Strahlung mittels des Stefan-Boltzmann-Gesetzes

$T=\sqrt[4]{\frac{S\cdot(1-a)}{4\cdot\sigma}}} $

ergibt sich die Temperatur-Sensitivität gegenüber Einstrahlungsänderungen (ohne Berücksichtigung von möglichen Rückkopplungen) – durch Bildung der ersten Ableitung $\frac{dT}{dS_a}$ und linearer Approximation des Stefan-Boltzmann-Gesetzes:

$\frac{\Delta T}{T} = 0,25\cdot\frac{\Delta S_a}{S_a} $

$\Delta T_{Albedo} = 0,25\cdot \frac{2,33\cdot 288}{161,3+78} K = 0,7 K $

Im gleichen Zeitraum von 30 Jahren beträgt die geschätzte Abnahme des Infrarot-Energieflusses in den Weltraum aufgrund von $CO_2$ $0,6 \frac{W}{m^2}$, was zu einer Temperatursensitivität von

$ \Delta T_{CO_2} = 0,25\cdot \frac{0,6\cdot 288}{161,3+78} K = 0,18 K $

führt. Beide „Antriebe“ sorgen für Erwärmung der Atmosphäre.
Es gibt 2 wichtige und einfache Konsequenzen aus dieser Übersicht und den Berechnungen:

  • Der Einfluss von $CO_2$ macht 20% der Temperaturänderung der letzten 30 Jahre aus, während die Änderung der Wolkenreflexivität 80% der Temperaturänderung bewirkt.
  • Beide Kräfte zusammen hätten demnach zusammen eine durchschnittliche Erwärmung von 0,88 K erzeugt. Die tatsächliche Änderung der globalen Temperatur ist viel geringer, je nach der Institution, die die Temperatur misst, beträgt sie 0,3..0,5 K, was etwa die Hälfte der theoretischen Gleichgewichtstemperatur nach den obigen Überlegungen ist. Daher muss es eine ziemlich starke negative Rückkoppelung geben, die den Effekt des zusätzlichen Licht-Energieflusses (von der abnehmenden Wolkenreflextion) sowie des verminderten Infrarot-Energieflusses (von $CO_2$) um ca. 50% reduziert.
Globale durchschnittliche Satellitentemperaturen (UAH)
Globale durchschnittliche Oberflächentemperatur (HadCRUT4)

Für die $CO_2$-Sensitivität (Temperaturänderung bei Verdoppelung von $CO_2$) bedeutet diese negative Rückkopplung, dass wir bei einer Erhöhung der $CO_2$-Konzentration auf 600 ppm eine Temperaturänderung von weniger als 0,5 Grad K im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten erwarten können. Diese Schlussfolgerung wird unter der Annahme gezogen, dass Albedo-Veränderungen unabhängig von $CO_2$-Änderungen sind.

Natürlich stellt sich die Frage, was den Rückgang der Albedo verursacht hat. Darauf gibt es derzeit keine klare Antwort. Die Grösse des Effekts schließt die Möglichkeit aus, dass er mit der globalen $CO_2$-Konzentration zusammenhängt. Gegenwärtig ist es wahrscheinlicher, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Einfluss von Aerosolen, Sonnenaktivität und kosmischer Strahlung auf die Wolkenbildung gibt.

Die Ursachen  der verminderten Wolkenbildung können in der Tat zu einem Teil menschengemacht sein, denn der grundlegende Mechanismus der Wärmeregulation durch Verdunstung durch Pflanzen und der daraus entstehenden Wolken ist abhängig von der Art und Weise, wie Menschen Landwirtschaft betreiben und die Naturlandschaft behandeln (siehe auch dieses Video). Aber auch Eingriffe wie großflächige Windkraftanlagen führen nachweislich zu mehr Trockenheit und daher verringerter Wolkenbildung.

Die wichtigsten menschengemachten Risikofaktoren sind

Für die These, dass der Klimawandel diese Ursachen hat, findet sich z.B. ein Beleg in der TAZ: https://taz.de/Wasser-und-Klimaschutz/!5774434/.