Der GISP2-Datensatz, ein wichtiges Zeugnis der Klimageschichte

In einem Vortrag in Heidelberg erklärte Prof. von Storch auf eine Publikumsfrage, dass Paläoklima-Daten insofern nicht mit den heutigen Temperaturentwicklungen vergleichbar seien, weil die Änderungen der Vergangenheit typischerweise in sehr viel längeren Zeiträumen stattgefunden hätten. Noch nie in der Geschichte wäre die Temperaturveränderung so schnell erfolgt wie in der heutigen Zeit, in der der Mensch die entscheidende Ursache der Klimaänderung sei.

Nun gibt es einen Datensatz, der etwa 50000 Jahre in die Vergangenheit reicht, der sich bis in die Mitte des 19. Jahrhundert erstreckt und der eine zeitliche Auflösung von 50 Jahren hat, der GISP2-Datensatz mit Messungen eines Eisbohrkernes von Grönland. Ein Ausschnitt des Datensatzes aus der jüngeren Vergangenheit ist in Abb. 1 dargestellt:

Abb. 1: Temperaturverlauf der letzten 10000 Jahre aufgrund des GISP2-Eisbohrkerns

Es sind in diesem Zeitraum Temperaturschwankungen von rund 3 °C gewesen, einmal innerhalb von rund 400 Jahren (um das Jahr 8000 herum).
Um die Frage zu beantworten, ob die Temperaturen sich heute schneller ändern als in diesem historischen Datensatz, betrachten wir die sogenannten Anomalien. Diese sind heutzutage definiert als die Differenz zwischen der aktuellen Temperatur und dem Durchschnitt der letzten 30 Jahre. In leichter Abwandlung dieser Definition sei die Anomalie beim GISP2-Datensatz die Differenz eines Messpunkte und seines Vorgängers. Alle Meßpunkte repräsentieren Durchschnittstemperaturen eines 50-Jahres Zeitraums. Diese Anomalien sind in Abb 2.

Abb. 2: Temperaturanomalien, d.h. die Differenz zur jeweils 50 Jahre früheren Temperaturmessung

Daraus ist leicht erkennbar, dass Änderungen der Durchschnittstemperatur von 1/2 °C in 50 Jahren keine Seltenheit sind. Man darf davon ausgehen, dass es innerhalb der 50-Jahres-Intervalle zu noch größeren Änderungen gekommen ist.
Aus der Perspektive des GISP2-Datensatzes sind also die heutigen Temperaturänderungen überhaupt nichts Ungewöhnliches.
Das Argument, es hätte vorher noch nie so schnelle Klimaänderungen gegeben, greift also nicht.

Da der Datensatz bis 1855 reicht, kann man den Temperaturverlauf von Abb. 1 bis in die Gegenwart fortsetzen, indem eine skalierte Version eines Standard-Datensatzes wie HadCRUT4 ab 1855 an den GISP2-Datensatz angehängt wird. Dies wird in Abb. 3 gezeigt.

Der grüne Kurvenabschnitt repräsentiert die Temperaturdaten seit 1850, während die rote Kurve aus dem Eisbohrkern ermittelt wurde. Die grüne Kurve passt ganz gut in das restliche Bild, jedenfalls ist sie nicht gerade ein aufregender Ausreißer.