März 28, 2024

Albedoänderungen und Klimasensitivität

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Die Klimadiskussion wird überwiegend von der Diskussion um den Einfluss von CO_2 dominiert, das nach den Strahlungstransportgleichungen, die die ausgehende Infrarotstrahlung (OLR = „outgoing longwave radiation“) beschreiben, einen gewissen Einfluss auf den Strahlungshaushalt der Erde hat.
Es gibt jedoch noch weitere Faktoren, die berücksichtigt werden müssen. Der einfallende Energiefluss, die kurzwellige Lichteinstrahlung, ist offensichtlich von entscheidender Bedeutung . Die tatsächliche Menge des von der Sonne kommenden Energieflusses, die „Sonnenkonstante“, hat sich als extrem konstant erwiesen, aber die globale Albedo, die darüber entscheidet, wie viel Sonnenfluss in die Atmosphäre eintritt bzw. in den Weltraum reflektiert wird, ist ein extrem wichtiger Kontrollparameter.

Das Dilemma der Albedo der Erde war, dass es keine „nette Theorie“ gibt, wie man sie aus einer einfachen (möglicherweise vom Menschen verursachten) Ursache bestimmen kann. Im Gegenteil, sie beinhaltet viele derzeit schlecht verstandene Faktoren, von denen einige unter menschlicher Kontrolle sind, andere aber nicht:

  • Wolken unterschiedlicher Art in verschiedenen Höhen,
  • reflektierende und streuende Aerosole,
  • Einflüsse auf die Wolkenerzeugung, wie kosmische Strahlung und Magnetfelder,
  • Oberflächen- und atmosphärische Eigenschaften als Folge von Schneebedeckung, Verstädterung, Landwirtschaft, Luftverschmutzung usw.,
  • mögliche Rückkopplungseffekte der Temperatur über Wasserdampf.

Mangels einer umfassenden Theorie wurde der Einfluss der Erdalbedo lange Zeit in der Mainstream-Klimadiskussion vernachlässigt oder ignoriert.
Aber es gibt einen anderen Ansatz. Satellitenmessungen haben es möglich gemacht, die Albedo zu messen und daher den direkten Einfluss der Albedo auf die von der Erde absorbierte Sonneneinstrahlung zu messen . Kürzlich wurde von J. Herman et al. eine Analyse über 30 Jahre veröffentlicht: Nettoabnahme des Reflexionsvermögens der Wolken, der Aerosole und der Erdoberfläche bei 340 nm Wellenlänge.

Diese sorgfältige Analyse zeigt einen klaren, signifikanten Trend für die gesamte Reflexivität, die 75% der gesamten Sonneneinstrahlung auf der Erde ausmacht (Breitengrad -60…60 Grad, die Pole haben weniger Gewicht aufgrund kleinerer Gesamt-Einstrahlung und größerer Albedo in Polnähe):

Gemessene Erdreflexivität von 1980 bis 2010

Die geänderte Reflektivität wurde in Änderungen des einfallenden bzw. reflektierten Licht-Energieflusses umgesetzt:

Energiebudget des eingehenden Licht-Flusses, mit Änderungen aufgrund der Albedo-Abnahme

Das bedeutet, dass der solare Einstrahlungs-Energiefluss in den 30 Jahren von 1980 bis 2010 um 2,33\frac{W}{m^2} gestiegen ist. Diese albedo-bedingte Zunahme innerhalb von 30 Jahren ist größer als der geschätzte Strahlungs-Antrieb durch den Anstieg von CO_2 seit Beginn der Industrialisierung.

Basierend auf der Energiebilanz zwischen einfallender Lichststrahlung S_a=S\cdot(1-a) und ausgehender Infrarot-Strahlung mittels des Stefan-Boltzmann-Gesetzes

T=\sqrt[4]{\frac{S\cdot(1-a)}{4\cdot\sigma}}}

ergibt sich die Temperatur-Sensitivität gegenüber Einstrahlungsänderungen (ohne Berücksichtigung von möglichen Rückkopplungen) – durch Bildung der ersten Ableitung \frac{dT}{dS_a} und linearer Approximation des Stefan-Boltzmann-Gesetzes:

\frac{\Delta T}{T} = 0,25\cdot\frac{\Delta S_a}{S_a}

\Delta T_{Albedo} = 0,25\cdot \frac{2,33\cdot 288}{161,3+78} K = 0,7 K

Im gleichen Zeitraum von 30 Jahren beträgt die geschätzte Abnahme des Infrarot-Energieflusses in den Weltraum aufgrund von CO_2 0,6 \frac{W}{m^2}, was zu einer Temperatursensitivität von

\Delta T_{CO_2} = 0,25\cdot \frac{0,6\cdot 288}{161,3+78} K = 0,18 K

führt. Beide „Antriebe“ sorgen für Erwärmung der Atmosphäre.
Es gibt 2 wichtige und einfache Konsequenzen aus dieser Übersicht und den Berechnungen:

  • Der Einfluss von CO_2 macht 20% der Temperaturänderung der letzten 30 Jahre aus, während die Änderung der Wolkenreflexivität 80% der Temperaturänderung bewirkt.
  • Beide Kräfte zusammen hätten demnach zusammen eine durchschnittliche Erwärmung von 0,88 K erzeugt. Die tatsächliche Änderung der globalen Temperatur ist viel geringer, je nach der Institution, die die Temperatur misst, beträgt sie 0,3..0,5 K, was etwa die Hälfte der theoretischen Gleichgewichtstemperatur nach den obigen Überlegungen ist. Daher muss es eine ziemlich starke negative Rückkoppelung geben, die den Effekt des zusätzlichen Licht-Energieflusses (von der abnehmenden Wolkenreflextion) sowie des verminderten Infrarot-Energieflusses (von CO_2) um ca. 50% reduziert.
Globale durchschnittliche Satellitentemperaturen (UAH)
Globale durchschnittliche Oberflächentemperatur (HadCRUT4)

Für die CO_2-Sensitivität (Temperaturänderung bei Verdoppelung von CO_2) bedeutet diese negative Rückkopplung, dass wir bei einer Erhöhung der CO_2-Konzentration auf 600 ppm eine Temperaturänderung von weniger als 0,5 Grad K im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten erwarten können. Diese Schlussfolgerung wird unter der Annahme gezogen, dass Albedo-Veränderungen unabhängig von CO_2-Änderungen sind.

Natürlich stellt sich die Frage, was den Rückgang der Albedo verursacht hat. Darauf gibt es derzeit keine klare Antwort. Die Grösse des Effekts schließt die Möglichkeit aus, dass er mit der globalen CO_2-Konzentration zusammenhängt. Gegenwärtig ist es wahrscheinlicher, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Einfluss von Aerosolen, Sonnenaktivität und kosmischer Strahlung auf die Wolkenbildung gibt.

Die Ursachen  der verminderten Wolkenbildung können in der Tat zu einem Teil menschengemacht sein, denn der grundlegende Mechanismus der Wärmeregulation durch Verdunstung durch Pflanzen und der daraus entstehenden Wolken ist abhängig von der Art und Weise, wie Menschen Landwirtschaft betreiben und die Naturlandschaft behandeln (siehe auch dieses Video). Aber auch Eingriffe wie großflächige Windkraftanlagen führen nachweislich zu mehr Trockenheit und daher verringerter Wolkenbildung.

Die wichtigsten menschengemachten Risikofaktoren sind

Für die These, dass der Klimawandel diese Ursachen hat, findet sich z.B. ein Beleg in der TAZ: https://taz.de/Wasser-und-Klimaschutz/!5774434/.

6 Gedanken zu “Albedoänderungen und Klimasensitivität

  1. Hallo Herr Dr. Dengler,
    Thomas sein Link wurde in verschiedenen Medien/Artikeln veröffentlicht.
    Interesannterweise wurde in den meisten Artikeln folgender Satz weggelassen.
    Der lautet wie folgt:
    „Die Satellitendaten legen sogar noch eine stärkere Abnahme von 1,6 Watt pro Quadratmeter nahe“

    https://www.scinexx.de/news/geowissen/unsere-erde-ist-dunkler-geworden/?fbclid=IwAR2vk684PdcLY3ogyh6eTLJ7K2ofsKz55cJAOp4a2eldS3rfWY7ZxjqS8I0

    Dies würde ihren Berechnungen der verringerten Albedo der Wolken sehr nahe kommen, allerdings nicht mit den Modellen des Weltklimarates korrelieren.
    Ich glaube den Grund der verringerten Albedo der Wolken bzw. des schubweisen Anstiegs der Temperatur in den letzten 40 Jahren gefunden zu haben.
    Die Albedoveränderungen der Wolken korrelieren sehr stark mit der Emission von Schwefeldioxid. Kleinste Partikel von Schwefeldioxid sind die besten Wolkenkondensationskeime in der Luft bei hoher Luftfeuchtigkeit. Wolken, die mit diesen Kondensationskeimen gebildet wurden, haben besondere Eigenschaften.
    1. Tiefhängende Wolken mit kleineren Kondenströpfchen, daher höhere Dichte und höheres Rückstrahlvermögen.
    2. Sie haben eine 25% höhere Albedo als andere tiefhängende Wolken. Von der Erde aus sehr grau/dunkel anzusehen, vom All aus weiß und hell.
    3. Diese Wolkenformationen sind recht stabil und regnen relativ schwach ab (Sprühregen).
    Seit Beginn der Industrialisierung und dem Verbrennen schwefelhaltiger Brennstoffe gab es Schübe der Emissionen von SO2.
    Anfang der 50er Jahre bis Ende der 70er Jahre sind diese Emissionen besonders stark gestiegen und es gab zeitgleich keinen weltweiten Temperaturanstieg.
    Ende der 70er Jahre bis ca. Mitte der 90er Jahre gingen diese Emissionen stark zurück, Stichwort saurer Regen/Waldsterben. Es wurden in dieser Zeit Filter in Kohle/Ölkraftwerken installiert, die Fahrzeuge wurden mit Katalysatoren ausgestattet, die gesamte Industrie des Ostblocks wurde restrukturiert. Zeitgleich gab es den ersten Schub eines weltweiten Temperaturanstieges.
    Der zweite Schub erfolgte seit ca. 2012-2021 mit der erheblichen Reduktion der Schwefeldioxid-Emissionen im Schiffsverkehr. 2012 betrug die Emission von SO2 durch den Schiffsverkehr noch ca. 20 Millionen Tonnen jährlich, bei erlaubten 3,5% SO2 im Abgas (bis Ende 2011 waren sogar noch 4,5% erlaubt). Bis 1.1. 2020 wurde dieser Grenzwert auf 0,5% runtergefahren. Erschwerend kam dann noch der weltweite Zusammenbruch des Schiffsverkehrs durch Corona dazu.
    Das dürfte der Grund sein, warum die wärmsten Jahre seit der Industrialisierung alle in den letzten 10 Jahren zu finden sind.
    Die Reduzierung der SO2-Emissionen im Schiffsverkehr wirkte sich besonders stark auf die reduzierte Wolkenbildung aus, da diese Emissionen vorwiegend über feuchter Meeresluft stattfanden!
    In folgendem Link kann man diese Wolkenbildung auf Satellitenaufnahmen der NASA sehen, dürften aus der Zeit 2014-2017 stammen. Einige Schiffe haben dort keine solche wolkenbildenden Abgase, es dürfte sich dabei um Schiffe handeln die mit Scrubbern nachgerüstet wurden, um die kommenden strengen Abgaswerte von 2020 zu erreichen.

    https://transinformation.net/nasa-geoengineering-und-die-mysterioesen-schiff-spuren/?fbclid=IwAR0LsQ7nEOrD5bVWm98L5QrGzh-eCktnYM-KOCtYD0Hyz3HKmmwNBNrG-bY

    Fazit:
    Bis ca. 1980 fand eine Maskierung der Klimaentwicklung statt, seit 1980 eine Demaskierung in 2 Schüben.
    Sollte meine Annahme/Beobachtung richtig sein, dürfte sich der weitere weltweite Temperaturanstieg enorm abschwächen.
    An den Erdpolen dürfte es durch die fehlenden, tiefhängenden Wolken zu neuen negativen Temperaturrekorden kommen, da sie dort eher ein Auskühlen der erdnahen Atmosphäre verhindert haben.

    Viele Grüße Guido Rauch aus Leipzig

    1. Interessante Überlegung. Mit der Thematik der Aerosole habe ich mich noch nicht beschäftigt, klingt auf Anhieb plausibel. In der Tat entspricht es der unmittelbaren Wahrnehmung, dass saubere Luft mehr Wärme auf die Erdoberfläche läßt.
      Ich war der Meinung, dass der Weltklimarat die Aerosole durchaus berücksichtigt, möglicherweise sogar stärker wichtet als es ihrer Bedeutung zuseht (um dadurch eine hohe CO2-Sensitivität in den Klimamodellen zu rechtfertigen). Es wäre jedenfalls interessant, darüber eine zuverlässige Publikation zu finden.

  2. Lieber Joachim,

    so ganz vergessen scheint die Sonne als Faktor nicht. Heute ist dieser interessante Artikel auf Heise.de erschienen:

    „Erdschein“: Erde reflektiert aufgrund des Klimawandels weniger Sonnenlicht

    „Seit der Jahrtausendwende ist die Erde um 0,5 Prozent dunkler geworden. Sie absorbiert mehr Sonnenlicht, was zum Klimawandel beiträgt. Das wurde nun bestätigt.„

    https://www.heise.de/news/Erdschein-Erde-reflektiert-aufgrund-des-Klimawandels-weniger-Sonnenlicht-6206321.html

    Viele Grüße
    Thomas

    1. Danke, Thomas, für diesen interessanten Hinweis. Das ist eine schöne Bestätigung.
      Nur die Formulierung „aufgrund des Klimawandels“ stimmt nicht und führt in die Irre, weil es keinerlei kausalen Zusammenhang gibt zwischen möglicher CO2-bedingter Erwärmung und verringerter Wolkenbildung. Im Gegenteil – das PIK (Potsdam Institut für Klimafolgenforschung) betont immmer wieder, dass höhere Temperaturen zu mehr Wasserdampfbildung führen, und folglich auch zu mehr Wolken.
      Dass die verringerte Wolkenbildung mit menschlichem Einfluß zu tun haben kann, ist allerdings außer Frage, wahrscheinlich ist der größte Faktor dabei die Verstädterung („urban heat islands“). Auch die Veränderung der Landwirtschaft (Rodung von Wäldern, z.B. für „Energiepflanzen“) trägt dazu bei.

  3. Hallo Herr Dengler,

    wieder einmal sehr interessante Aspekte und sehr gut von Ihnen beschrieben.
    Eine simple Überlegung:
    Es ist ja eine Tatsache, dass die Erde in den vergangenen Jahrzehnten „ergrünt“ ist, wohl Dank dem erhöhten CO2.
    Führt eine „Ergrünung“ nicht auch zu einem niedrigeren Albedo, bspw. durch größere Blattgrün-Flächen?

    Vielen Dank voab und: Machen Sie weiter so 🙂

    Beste Grüße
    Stephan Wilke

    1. Lieber Herr Wilke,
      gute Frage. Die beschriebenen Variabilität beruht in meiner Vorstellung v.a. auf der Reflexion durch die Wolken. Das Thema Albedo auf der Erdoberfläche habe ich noch nicht systematisch bearbeitet. Zugegebenermaßen ist das Thema Bodenalbedo einigermaßen kompliziert, z.B. hat Wald eine niedrigere Albedo als offenes Ackerland und Wiesen. Bei zunehmender Begrünung dürfte der Haupt-Klimaeffekt auf der Kühlung durch Wasserverdunstung beruhen (Mannheim will bis zur BuGa seine Temperatur durch Begrünung um 2 Grad senken) – was dann auch wieder zur verstärkten Wolkenbildung führt. Aktuell lenkt das Thema Covid 19 etwas vom Klima ab, ich sehe einige Parallelen, die falschen Modelle werden dort schneller von der Wirklichkeit eingeholt.
      Viele Grüße, Joachim Dengler

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